Nicht nur die beiden TV-Serien sind irgendwie aus der Zeit gefallen, auch mein kleiner Vergleich kommt um Jahre zu spät. Aber das passt gut zu Der letzte Bulle und Californication.
Zuerst die Basics. Der letzte Bulle ist eine deutsche Fernsehserie, die zwischen 2010 und 2014 auf Sat 1 gesendet wurde. Henning Böhm spielt den Polizisten Mick Brisgau, der nach einem Kopfschuss zwanzig Jahre im Koma gelegen hat. In diesen zwanzig Jahren hat sich einiges verändert, aber Brisgau ist nach wie vor der typische 80er Jahre Macho. Mit seinen altmodischen Methoden eckt er an und treibt seinen Vorgesetzten regelmäßig zur Weißglut. Auch für die 2010er Jahre nicht ganz pc: Frauen stehen auf seine raue Art.
Califonication ist eine amerikanische Serie, ausgestrahlt zwischen 2007 und 2014. Hauptdarsteller David Duchovny spielt Hank Moody, einen in der Vergangenheit erfolgreichen Schriftsteller, der durch die Verfilmung seines Buchs „Gott hasst uns alle“ Geldsorgen hinter sich gelassen hat. Hank vögelt sich mal fröhlich, mal leidend nicht nur durch die Betten in Los Angeles. Und doch trauert er der Beziehung zu Karen, der Mutter seiner 12jährigen Tochter, nach.
Soweit zum Grundsetup der beiden Serien. Kommen wir zum ultimativen Vergleich, wie immer knallhart recherchiert und mit maximaler Objektivität ins Blog gebracht.
Titelfiguren
Einerseits ein Polizist, dem zwanzig Jahre fehlen, andererseits ein Schriftsteller mit Schreibblockade. Nun gibt es wahrscheinlich deutlich mehr Cop-Serien als Schriftsteller-Epen; doch taufrisch ist die Figur des Hank Moody an sich auch nicht. Darum geht der erste Punkt für das zwar unrealistische, aber ergiebige Setting des letzten Bullen.
Schauspieler
Henning Baum ist tatsächlich die Idealbesetzung für Mick Brisgau. Er drückt der Serie seinen Stempel auf: Jeans, Bart, 80er. Er muss seine Figur nicht in die gleichen Abgründe führen wie Duchovny seinen Hank Moody, schafft es aber trotzdem, einem auch auf eine gewissen Komik angelegten Charakter einen gewissen Tiefgang zu geben.
Hank Moody wiederum macht es David Duchovny leichter: Exzessive Abstürze samt vielfältiger Beziehungen geben Raum für die kleinen, beiläufigen Gesten, die einen Schauspieler gut aussehen lassen. Wenn er dann zu seiner großen Liebe zurückschleicht samt treuem Dackelblick, dann reichen einfache Mittel, um Hank zu uns als Zuschauer auf die Fernsehcouch zu holen. Insofern erstmal Gleichstand. Den wollen wir in dieser Kategorie aber nicht gelten lassen und stellen die Stichfrage: Wie wäre es mit einem Rollentausch? Und siehe da, David könnte durchaus in die Rolle des Mick Brisgau schlüpfen. Das wäre dann zwar ein etwas anderer Typ, das Setting würde aber funktionieren. Und umgekehrt? Eher nicht. 1:1, unentschieden.
Musik
Der letzte Bulle setzt voll auf seine Hitlist. Als Titelsong der ersten Staffeln kommt Iggy Pops „Real Wild Child“ zum Einsatz. Während der Laufzeit sind mehrere CD-Sampler erschienen, die sich aus den angespielten Stücken bedienen und jede 80er-Jahre-Party angemessen beschallen. Beim Gucken denkt man manchmal: „Ach, auch schon lange nicht mehr gehört. Von wem war das nochmal?“ Das ist sehr nett, aber auch nicht wirklich spannend.
Da setzt Califonication schon andere Maßstäbe. Das beginnt bei den eigens eingespielten Haupttiteln (Californication, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Stück der Red Hot Chili Peppers, und Hank’s Theme). Wie beim Bullen spielt Musik auch in den einzelnen Folgen eine große Rolle, doch ist die Bandbreite hier größer. Es gibt Rückgriffe in die Vergangenheit, aber genau so zeitgemäße Stücke. Künstler wie Ace Frehley, Alice in Chains oder die Eagles of Death Metal stehen neben Chaka Khan oder Benjamin Starshine. Der Punkt geht in die U.S. of A. Es steht 1:2.
Autos
Was fährt man im Jahr 8 v. G., wenn man in den 80ern ins Koma gefallen ist? Die Serienmacher von Der letzte Bulle sind da auf einen Opel Diplomat verfallen. Ein wunderschönes Auto, Baujahr 1977. Den gab es als Sechs- oder Achtzylinder, aber immer mit zeitgemäßem Durst an der Tankstelle. Um es kurz zu machen: Hank Moodys 911er Cabrio ist hübsch und wird durch einen ständig defekten Frontscheinwerfer aufgewertet — hat aber gegen den Opel nicht den Hauch einer Coolness-Chance. Ausgleich, 2:2.
Städte
In dieser Kategorie tritt Essen gegen Los Angeles an. Ginge es um einen Städtevergleich wie München vs Hamburg, kämen andere Kriterien zum Einsatz. Hier aber geht es um die Eignung als Kulisse für eine TV-Serie. Da sind einerseits typische Motive, Fabriken und Stahlindustrie auf der einen, Strand und Palmen auf der anderen Seite. Und so lässt sich der Vergleich fortsetzen mit Eckkneipe gegen Bar, mit dem täglichen Elend, das allen Städten gemein ist.
Irgendwie ist das alles schon vielfach gesehen und passt doch als Hintergrund für die jeweiligen Protagonisten und ihre Geschichten perfekt. Einen Sieger gibt es in dieser Kategorie nicht, unentschieden. Es steht 3:3.
Gastauftritte
Erfolgreiche Fernsehserien locken immer wieder prominente Gäste an. Die Gästeliste von Der letzte Bulle liest sich wie ein Who is who der deutschen Schauspielerei. Im Grunde ist das aber nichts als die prominente Besetzung von Nebenrollen. Einzig Annette Frier sticht heraus: Sie tritt mit ihrer Rolle als Anwältin Danni Lowinski aus einer anderen Sat-1-Serie auf.
Auch bei Califonication geben sich Gaststars die Klinke in die Hand. Herausragend sind die Auftritte von Rick Springfield als Rick Springfield, der in der dritten Staffel in mehreren Folgen zu einer Art Nemesis von Hank Moody aufgebaut wird. Auch Peter Fonda und Tommy Lee haben Auftritte, in denen sie sich selbst „spielen“. RZA übernimmt hingegen eine andere Rolle und darf als Samurai Apocalypse sein (Un)Wesen treiben.
Der Punkt geht an Californication und beendet das bis dahin offene Rennen zugunsten der amerikanischen Serie. Sehenswert sind aber beide.